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02.07.2021, 11:58 Uhr
Wohnungsvergabe im Sozialen Wohnungsbau
Drucksache 18 / 27 730
schriftliche Anfrage
der Abgeordneten Franziska Leschewitz (LINKE)
vom 25. Mai 2021 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Mai 2021)
zum Thema:
Wohnungsvergabe im Sozialen Wohnungsbau
und Antwort vom 09. Juni 2021 (Eingang beim Abgeordnetenhaus an 14. Jun. 2021)

Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt:
Frage 1

Wie werden Sozialwohnungen aus den alten Wohnungsbauförderprogrammen vergeben?

Antwort zu 1:
Grundsätzlich erfolgt/e die Vergabe der mit öffentlichen Mitteln geförderten

Sozialwohnungen vor der Einführung der neuen Wohnungsbauförderbestimmungen 2014
mit der allgemeinen Vergabepflicht des Verfügungsberechtigten an einen
Wohnungssuchenden mit Wohnberechtigungsschein (WBS). Von dieser
Belegungsbindung konnte nur durch sog. Freistellungen durch Vereinbarung abgewichen werden.

Frage 2
Inwieweit unterscheidet sich der Vergabeprozess bei städtischen Wohnungsbaugesellschaften von dem
privater Vermieter?

Antwort zu 2:
Die sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen haben die Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung mit preisgünstigem Wohnraum sowie Hilfestellung zu einer nachhaltigen und bedarfsgerechten Wohnraumversorgung als satzungsgemäßen Auftrag durch das
Land Berlin zu erfüllen. Dabei sind Belegungsbindungen oder spezifische
Vermietungskriterien im Unterschied zu den privaten Vermietern für eine Vielzahl von Wohnungen der landeseigenen Gesellschaften zu beachten. Im Rahmen von Kooperationsverträgen werden Wohnungen für Wohnungssuchende im geschützten Marksegment (GMS) sowie für Geflüchtete als auch Student*innen oder Auszubildende bereitgestellt. Die LWU vergeben auch außerhalb des GMS Wohnungen an freie Träger
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oder gemeinnützige Vereine, die sich um die Versorgung von diversen Bedarfsgruppen kümmern. Eine Vielzahl von Wohnungen werden direkt an durch soziale Träger betreute Bewohnerinnen und Bewohner durch die LWU vermietet.
Grundsätzlich ist der Vermietungs- und Vergabeprozess, der zur Wiedervermietung frei zur Verfügung stehenden Bestandswohnungen bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen AGG-konform und durch umfangreiche interne Wohnungsvergabe- und Compliance-Richtlinien geregelt. Dem folgend sind die landeseigenen Wohnungsunternehmen verpflichtet, ihren Vermietungsprozess und die Wohnungsvergabe entsprechend den gesetzlichen Vorgaben sowie den Bestimmungen
des Wohnraumversorgungsgesetz Berlin (WoVG Bln) und der Kooperationsvereinbarung „Leistbare Mieten, Wohnungsneubau und soziale Wohnraumversorgung“ rechtskonform und diskriminierungsfrei zu organisieren.
Im Rahmen der Ergänzung der Kooperationsvereinbarung „Leistbare Mieten,
Wohnungsneubau und soziale Wohnraumversorgung“ zwischen dem Senat und den sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften vom 11.03.2021 ist sichergestellt, dass 63% der zur Wiedervermietung kommenden Wohnungen an WBS-Berechtigte vermietet
werden. Davon wird wiederum ein Anteil von 25% an besondere Bedarfsgruppen vermietet. Zu den Bedarfsgruppen zählen unter anderem Transferleistungsbeziehende, Obdachlose und von Obdachlosigkeit bedrohte Menschen, betreutes Wohnen, Geflüchtete, Studierende sowie vergleichbare Bedarfsgruppen. Darüber hinaus haben sich die LWU verpflichtet für Neubauprojekte mit Baubeginn ab 01.Juli 2017 grundsätzlich mindestens 50% der Fläche der Neubauwohnungen mietpreis- und belegungsgebunden WBS-Berechtigten im 1. Förderweg anzubieten. Dabei wird die eine Hälfte der geförderten Wohnungen an Haushalte mit Einkommen bis 100% der
Bundeseinkommensgrenze vermietet. Die andere Hälfte wird an Haushalte mit
Einkommen von 100% bis 140% der Bundeseinkommensgrenze vermietet.
Die Angebote der sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften sind in der gesamten Stadt verteilt und haben einerseits eine soziale Belegungsquote, wofür ein Wohnberechtigungsschein (WBS) erforderlich ist und andererseits eine freie Vermietung ohne bestimmte Voraussetzungen. Für die Vermietung der Wohnungen bei den landeseigenen WBGs gibt es insofern je nach Wohnungsart unterschiedliche Voraussetzungen. Die Vergabekriterien sind in der Regel auf der jeweiligen Homepage der landeseigenen WBGs hinterlegt.
Für die Vermarktung der Wohnungen nutzen die landeseigenen
Wohnungsbauunternehmen eine Vielzahl unterschiedlicher Vertriebswege wie z.B. die eigene Homepage, das gemeinsame Portal der Berliner landeseigenen Wohnungsunternehmen www.inberlinwohnen.de, und auch verschiedene Immobilienportale wie z.B. ImmoScout24 und Immowelt.

Frage 3
Wie erfolgt der Nachweis, dass Sozialwohnungen nur an Berechtigte vergeben werden?

Frage 4
Wie kontrolliert das jeweilige Bezirksamt, dass Sozialwohnungen nur mit Berechtigungsnachweis vergeben
werden?

    ------------------------------->   WEITER
   Antwort zu 3 und 4:
Der Nachweis erfolgt in Form des Wohnberechtigungscheines, welchen potentielle Mieter*innen an Vermietende abgeben. Vermietende ihrerseits informieren das zuständige Wohnungsamt in Form einer Überlassungsmitteilung dann über die Vergabe der Wohnung. Mit dieser Überlassungsmitteilung überprüft das zuständige Wohnungsamt
dann die berechtigte Vergabe der Sozialwohnung.

Frage 5
Wie wird sichergestellt, dass die Vergabe diskriminierungsfrei nach den Grundsätzen des Allgemeinen Gleichberechtigungsgesetzes (AGG) erfolgt?

Antwort zu 5:
Grundsätzlich ist der Vermietungs- und Vergabeprozess, der zur Wiedervermietung frei zur Verfügung stehenden Bestandswohnungen bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen AGG-konform und durch  mfangreiche interne Wohnungsvergabe- und Compliance-Richtlinien geregelt. Dem folgend sind die landeseigenen Wohnungsunternehmen verpflichtet, ihren Vermietungsprozess und die Wohnungsvergabe entsprechend den gesetzlichen Vorgaben sowie den Bestimmungen des Wohnraumversorgungsgesetz Berlin (WoVG Bln) und der Kooperationsvereinbarung „Leistbare Mieten, Wohnungsneubau und soziale Wohnraumversorgung“ rechtskonform und diskriminierungsfrei zu organisieren. Die Compliance-Richtlinien werden durch die Gesellschaft selbst erstellt; diese regeln die Durchführung aller Geschäftsvorfälle in allen Prozessbereichen auf der Grundlage der jeweiligen gesetzlichen Rahmenbedingungen. Wesentliche Bestimmungen, zum Beispiel
der Verhaltenskodex der Gesellschaft, werden i.d.R. dem Aufsichtsrat der Gesellschaft zur Kenntnisnahme vorgelegt. Die Einhaltung dieser Richtlinien und Regelungen aller Prozessbereiche – auch des internen Vermietungs- und Vergabeprozesses - wird in vielfältiger Weise überprüft. Alle städtischen Wohnungsbaugesellschaften verfügen über eine Interne Revisionsstelle,
die die gesellschaftsinternen Regelungen und Richtlinien regelmäßig überprüft. Über die Ergebnisse der internen Prüfungen wird mindestens einmal jährlich im Aufsichtsrat der Gesellschaft berichtet. Darüber hinaus wurden ebenfalls bei allen städtischen
Gesellschaften Compliance-Beauftragte ernannt, die Vorstände, Geschäftsführungen und Führungskräfte bei der Einhaltung von Gesetzen, Vorschriften und Richtlinien unterstützen. Diese Ombudsleute stehen sowohl Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als auch externen Hinweisgebern als unabhängige und erfahrene Ansprechstellen für Hinweise auf mögliche Regelverstöße des Unternehmens bzw. im Unternehmen zur
Verfügung. Der Aufsichtsrat der Wohnungsbaugesellschaften beauftragt zudem eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die in Erweiterung der Jahres- und Konzernabschlussprüfung eine Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung und der wirtschaftlichen Verhältnisse gemäß § 53 HGrG durchführt. Diese Überprüfung erfolgt ebenfalls jährlich. Darüber hinaus wurde am 24. September 2019 erstmals Prüfungsvereinbarungen zwischen den sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften und dem Rechnungshof
von Berlin abgeschlossen. Damit kann die operative Tätigkeit durch die unabhängige oberste Finanzkontrollbehörde Berlins auf einer belastbaren rechtlichen Grundlage geprüft werden.

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Frage 6
Welche Sozialwohnungen darf der Vermieter nur an Personen vermieten, die ihm das Bezirksamt direkt vermittelt hat; wie viele Sozialwohnungen werden auf diese Weise jährlich vergeben?

Antwort zu 6:

Keine. Es wird kein Benennungsverfahren durchgeführt.

Frage 7
Welche Sozialwohnungen sind derzeit von der Vorlage eines Nachweises, in der Regel eines Wohnberechtigungsscheins, befreit?

Antwort zu 7:
Die von den Belegungsbindungen freigestellten Wohnungen entnehmen Sie bitte der beigefügten Anlage.

Frage 8
Wie viele Fälle sind den Ordnungsbehörden bekannt, in denen Sozialwohnungen gegen eine Art Schmiergeld vergeben worden sind; wie wird dies geahndet; welche Bußgelder drohen?

Antwort zu 8:
In den Ordnungsbehörden sind keine Vorgänge der nachgefragten Art bekannt.Sollten solche Fälle bekannt w rden, kann durch Geldleistungen (§ 25 WoBindG o. § 33 WoFG) oder Ordnungswidrigkeiten (§ 26 WoBindG o. § 52 WoFG) gehandelt werden. Die Geldleistungen können monatlich bis zu 5€/m² je betroffener Wohnung betragen. Die Bußgelder bei Ordnungswidrigkeiten belaufen sich in Fällen des WoBindG auf bis zu 15.000€ oder auf bis zu 50.000€, wenn vorsätzlich gehandelt wurde. In den Fällen des WoFG betragen die Bußgelder generell bis zu 50.000€.

Frage 9
Welche Möglichkeiten bestehen oder können künftig bestehen, Sozialwohnungen stärker als bislang vom
Bezirksamt zu belegen; inwieweit hält der Senat eine solche veränderte Praxis für sinnvoll und zielführend?

Antwort zu 9:
Letztmalig erfolgte ein berlinweites Bennungsverfahren in den 1970/80er Jahren vom Landesamt für Wohnungswesen. Die hierfür bestehenden rechtlichen Grundlagen aus der sog. Überlassungsverordnung von 1973 und der nachfolgenden Wohnungsbedarfsgebieteverordnung aus 1984 sind aufgehoben bzw. gegenstandslos geworden (vgl. in GMW 94, S. 751).
Grundsätzlich sind Benennungsrechte förderrechtlich im noch vorhandenen
Sozialmietwohnungsbestand (gefördert bis Ende 2001) nicht vereinbart worden. D.h., zu den Wohnungen besteht förderbedingt zunächst (nur) ein allgemeines Belegungsrecht, also die allgemeine Vergabepflicht des Verfügungsberechtigten an einen Wohnungssuchenden mit WBS.
Bei rund 50% der Wohnungen des Sozialmietwohnungsbestandes wurden allerdings Besetzungsrechte förderbedingt festgelegt; d.h. diese Wohnungen sind vom Verfügungsberechtigten an Wohnungssuchende mit WBS und besonderem Wohnbedarf zu überlassen.
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Eine Einführung des Bennungsrechts hält der Senat aus folgenden Gründen nicht für zielführend: Zunächst würde ein durch die Verwaltung vorgenommenes Benennungsverfahren eine unter Berücksichtigung der Bewohner*innenstruktur und Nachbarschaft der jeweiligen Bestände orientierte eigene Belegung durch die Verfügungsberechtigten (u.a. auch mit
eigenen Mietinteressenten) entfallen. Insbesondere Genossenschaften müssten zukünftig dann bspw. behördliche Zuwei ungen von Nichtmitgliedern akzeptieren bzw. diese als Mitglieder nachträglich aufnehmen.
Bindungsrechtliche Vorgaben zur Auflieferung rechtzeitiger Freianzeigen (FAZ) und der Überlassungsmitteilungen werden dann strikt beachtlich.
Zudem wäre ein erhöhter zeitlicher und kostenauslösender personeller Aufwand bei den umsetzenden Bezirken (oder einer zentral eingesetzten Stelle) zu erwarten, weil - Einzelauswertungen /Benennungslaufverfahren zu freigemeldeten Wohnungen initiiert,überwacht, neu eingeleitet, beendet etc. werden müssen,
- Freianzeigen (FAZ) unabdingbar sofort im Kataster eingepflegt werden müssen. Ggf.zusätzliche (Verwaltungszwangs)Verfahren zur Abgabe rechtzeitiger FAZ durch die Verfügungsberechtigten eingeleitet und durchgesetzt werden müssen.
Ggf. wäre eine neue Aufstellung der Zuständigkeit im Wohnungswesen bei der Wohnungsvergabe im gebundenen Bestand erforderlich, da Benennungen sinnvollerweise berlinweit und nicht nur zuständigkeitshalber eingeschränkt auf jeweiliger Bezirksebene erfolgen sollten.
Im Ergebnis erscheinen auch zeitlich „verschleppte“ Wohnungsvermittlungen/ - Belegungen als nicht ausgeschlossen, da die jeweils für eine freie Wohnung benannten Wohnungssuchenden wie auch die Wohnung selbst letztlich bis zur Wohnungsübergabe/ -vermietung und der Rückmeldung seitens des Verfügungsberechtigten verfahrensbedingt blockiert wären.

Berlin, den 9.6.2021
In Vertretung
Christoph
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Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung und Wohnen
aktualisiert 02.07.2021, 12:21 Uhr